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US-Strategie – George Friedman STRATFOR 2015

Am 04.02.2015 hielt der Gründer und Chef des US-Think Tank STRATFOR (Abkürzung für Stategic Forecasting Inc.) George Friedman einen Vortrag für „The Chicago Council on Global Affairs“ über die geopolitischen Hintergründe der gegenwärtigen Ukraine-Krise (seit 2013/2014) und globalen Situation insgesamt. Chicago Council on Global Affairs.

Hier werden Handlungsanweisungen für die US-Sicherheits- und Außenpolitik geäußert, die durch die praktische Politik der USA erstaunlich weitgehend bestätigt werden und die man zugleich als zynisch
und menschenverachtend werten muss, jedenfalls tödlich für 100tausende Menschen.

Wenn man sich die Äußerungen von Friedmann anhört, dann kann man manche Schritte und Schachzüge der US-Politik besser einordnen.

Die Urangst der USA ist, dass deutsches Kapital und deutsche Technologien sich mit russischen Rohstoffen und russischer Arbeitskraft verbinden – eine einzigartige Kombination, vor der die USA seit Jahrhunderten eine Höllenangst haben.

Das Video mit den Ausschnitten hat nur eine Länge von knapp 13 Minuten. Es lohnt sich, dieses anzuschauen. Es geht dabei nicht nur um das als bedrohlich dargestellte und deshalb zu verhindernde Bündnis Russland und Deutschland. Man erfährt auch einiges:

  • über den Charakter einer imperialistischen Politik,
  • über die Hintergründe der US-Ukraine-Politik,
  • über die Rolle des Gürtels von den baltischen Staaten bis zum Schwarzen und Kaspischen Meer –
  • über das Vorgehen der USA jenseits und unter Umgehung der NATO und der Europäischen Union insgesamt und damit über das Zusammenspiel der USA mit einzelnen Staaten Europas zulasten einer gemeinsamen Politik Europas,
  • über die Selbstverständlichkeit von Waffenlieferungen und Beratungsleistungen für die osteuropäischen Staaten einschließlich der Ukraine,
  • über den Umgang mit Eurasien, das aus der Sicht des Mr. Friedman nicht okkupiert, sondern auf andere Weise beherrscht werden kann,
  • über die Überlegungen und Hintergründe des betriebenen Konflikts zwischen Iran und Irak,
  • über den zerstörerischen Umgang der USA mit den Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland,
  • und einiges mehr.
  •  

Man sieht in dieses Videos, wie unbedeutend und verlogen die Partnerschaft mit den USA ist.

Videobeitrag

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Quelle: Ausschnitt aus einem Vortrag von George Friedman (CEO) STRATFOR für Chicago Council on Global Affairs am 04.02.2015

Kompletter Vortrag auf Englisch 1h 12 Min.: https://www.youtube.com/watch?v=QeLu_yyz3tc

 

George Friedman ist ein US-amerikanischer Geostratege und Sicherheitsexperte, Politologe und Publizist. Er gründete 1996 das private Beratungsinstitut Stratfor und trat im Mai 2015 als CEO zurück. 2015 gründete er die Firma Geopolitical Futures.

Strategic Forecasting, Inc (abgekürzt Stratfor) ist ein US-amerikanischer Informationsdienst, der Analysen, Berichte und Zukunftsprojektionen zur Geopolitik, zu Sicherheitsfragen und Konflikten anbietet.

Der Chicago Council on Global Affairs ist eine Denkfabrik für globale Angelegenheiten, die sich selbst als „eine unparteiische, gemeinnützige Organisation, die sich der Steigerung des Wissens und des Engagements in globalen Angelegenheiten verschrieben hat und mehr Menschen befähigt, unsere globale Zukunft mitzugestalten.“ Die Organisation hat ihren Sitz im Chicago Loop am Two Prudential Plaza. (Quelle: Wikipedia)

Beginn der Übersetzung:

Kein Ort kann auf Dauer friedlich bleiben. Auch die USA nicht. Wir haben ständig Kriege Europa wird, wie ich vermute, zwar nicht zu den großen Kriegen zurückkehren, aber es wird wieder zum menschlichen
Normalfall zurückkehren: es wird seine Kriege haben, seine Friedenszeiten, und sie (die Europäer) werden ihre Leben leben. Es wird keine 100 Millionen Tote geben, aber die Vorstellung Europa sei eine Ausnahmeerscheinung wird zuerst sterben.

Es wird Konflikte in Europa geben, es gab schon Konflikte, in Jugoslawien und jetzt auch in der Ukraine. Was Europas Beziehungen zu den Vereinigten Staaten betrifft – wir haben keine Beziehungen mehr mit „Europa“. Wir haben Beziehungen mit Rumänien, wir haben Beziehungen mit Frankreich, aber es gibt kein „Europa“, mit dem man Beziehungen haben kann.

Der islamistische Extremismus ist ein Problem für die Vereinigten Staaten, aber keine existenzielle Bedrohung. Man muss sich damit befassen, man muss sich damit angemessen befassen. Wir haben andere außenpolitische Interessen. Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann. Unser
Hauptinteresse war sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.

Wenn sie ein Ukrainer sind, werden sie Ausschau danach halten, wer Ihnen als einziger helfen kann – und das sind die Vereinigten Staaten. Letzte Woche, oder etwa vor 10 Tagen war der Oberbefehlshaber der “US-Army Europe” General Ben Hodges zu Besuch in der Ukraine. Er kündigte dort an, dass US-Ausbilder in die Ukraine demnächst offiziell kommen sollen, nicht nur inoffiziell. Er hat dort tatsächlich Orden an die ukrainischen Kämpfer verteilt, obwohl es gegen militärisches Protokoll ist, dass Soldaten Orden von fremden Armeen annehmen. Doch er tat das, weil er damit zeigen wollte, dass die ukrainische Armee seine Armee ist. Dann ging er weg und verkündete in den Baltischen Staaten, dass die Vereinigten Staaten Panzer, Artillerie und andere Militärausrüstung in den baltischen Staaten, Rumänien, Polen und Bulgarien in Stellung bringen würden. Das ist ein sehr interessanter Punkt. Und gestern haben die Vereinigten Staaten angekündigt, dass sie vorhaben, Waffen in die Ukraine zu liefern, das wurde in der Nacht wieder dementiert, aber sie tun das, die Waffen werden geliefert. Und bei all diesen Handlungen agieren die Vereinigten Staaten außerhalb des Rahmens der NATO, weil NATO Entscheidungen von allen NATO Mitgliedern einstimmig getroffen werden müssen und jedes Land ein Veto einlegen kann. (Die Türken machen das schon aus Jux.) Der Punkt bei der ganzen Sache ist, dass die USA ein „Cordon Sanitaire“, einen Sicherheitsgürtel um Russland herum aufbauen. Und Russland weiß das.

Russland glaubt, die USA beabsichtigen die Russische Förderation zu zerschlagen. Ich denke, wir wollen sie nicht töten, sondern ihnen nur ein wenig weh tun. Jedenfalls sind wir wieder beim alten Spiel. Und wenn sie einen Polen, Ungarn oder Rumänen fragen, die leben in einer ganz anderen Welt als die Deutschen, und diese in einer ganz anderen Welt als die Spanier. Es gibt keine Gemeinsamkeit in Europa. Aber wenn ich Ukrainer wäre, würde ich genau das tun, was diese tun: versuchen die Amerikaner hineinzuziehen.

Die Vereinigten Staaten haben ein fundamentales Interesse. Sie kontrollieren alle Ozeane der Welt. Keine andere Macht hat das jemals getan. Aus diesem Grund können wir in andere Länder eindringen, aber sie können das nicht bei uns. Das ist eine schöne Sache. Die Aufrechterhaltung der Kontrolle über die Ozeane und im Weltall ist die Grundlage unsere Macht. Der beste Weg eine feindliche Flotte zu besiegen ist zu verhindern, dass diese gebaut wird. Der Weg, den die Briten gegangen sind, um sicherzustellen, dass keine europäische Macht die Flotte bauen konnte, ist, dass die Europäer einander bekämpften. Die Politik, die ich empfehlen würde, ist die, die Ronald Reagan angewendet hat, im Iran und Irak (Iran-Irak-Krieg 1980-88). Er finanzierte beide Seiten, sodass sie gegeneinander kämpften und nicht gegen uns. Es war zynisch, bestimmt nicht moralisch, aber es funktionierte.

Und das ist der Punkt: die Vereinigten Staaten sind nicht in der Lage, ganz Eurasien zu okkupieren. In dem Moment, wo unsere Stiefel den Boden berühren, sind wir demographisch zahlenmäßig unterlegen. Wir können eine Armee besiegen, aber wir sind nicht in der Lage den Irak zu besetzen. Die Idee, dass 130 000 US Soldaten ein Land mit 25 Millionen Menschen okkupieren. Das Verhältnis zwischen der Anzahl der Polizisten und der Einwohner von New York ist größer, als das Verhältnis von US
Soldaten und der irakischen Bevölkerung. Also sind wir nicht in der Lage, überall militärisch zu intervenieren, aber wir sind in der Lage, erstens, gegeneinander kämpfende Mächte zu unterstützen, damit sie sich auf sich selbst konzentrieren können. Sie zu unterstützen, politisch, finanziell, militärisch und mit Beratern. Im äußersten Fall können wir das tun was wir in Japan, nein, in Vietnam, im Irak und in Afghanistan taten mit “Störangriffen” intervenieren.

“Störangriffe” zielen nicht darauf den Feind zu besiegen, sondern den Feind aus dem Gleichgewicht zu bringen, was wir in jedem dieser Kriege taten. In Afghanistan z.B. brachten wir Al Qaida aus dem Gleichgewicht. Das Problem das wir haben, da wir so jung und dumm sind, ist, dass wir die Feinde aus dem Gleichgewicht brachten, und anstatt zu sagen, „wir haben den Job gut gemacht, lasst uns nach Hause gehen“, sagten wir: „Mann das war aber leicht, lasst uns hier noch eine Demokratie
aufbauen“
. Das war der Moment unserer Geistesschwäche.

Deshalb lautet die Antwort, die USA können nicht ständig und überall in Eurasien militärisch intervenieren. Sie müssen selektiv intervenieren und möglichst selten. Das ist der Extremfall. Wir können nicht als ersten Schritt US-Truppen aussenden. Aber wenn wir es tun, dann muss uns klar sein, was die Mission ist, sie darauf begrenzen und nicht alle möglichen irren Phantasien entwickeln.

Hoffentlich haben wir das für dieses Mal verstanden. Kinder brauchen immer etwas Zeit um Lektionen zu lernen. Aber Sie haben absolut recht, wir als ein Imperium können das (überall intervenieren) nicht tun. Die Briten haben damals Indien nicht besetzt, sie haben einfach die einzelnen Staaten Indiens genommen und ließen sie gegeneinander kämpfen. Die Briten haben britische Offiziere bei der indischen Armee installiert. Die alten Römer haben auch keine riesigen Armeen in entlegene Regionen entsandt, sondern sie haben pro-römische Könige dort eingesetzt. Und diese Könige waren verantwortlich für die
Aufrechterhaltung des Friedens, z. B. Pontius Pilatus. Also Imperien, die versuchen das ganze Imperium selbst zu regieren scheitern, wie es mit dem Nazi Imperium der Fall war. Niemand hat soviel Macht. Da muss man schon klug vorgehen.

Wie auch immer, das ist noch nicht unser Problem, sondern dass wir zugeben, dass wir ein Imperium haben. Wir haben den Punkt noch nicht erreicht, wo wir nicht glauben, wir könnten nach Hause gehen und alles wäre vorbei. Wir sind noch nicht einmal bereit für das dritte Kapitel des Buches.

Die Frage, die sich jetzt für die Russen stellt: Werden sie die Ukraine wenigstens als eine neutrale Pufferzone erhalten, oder wird der Westen soweit in die Ukraine vordringen, dass er nur noch 100 km von Stalingrad und 500 Km von Moskau entfernt ist. Für Russland ist der Status der Ukraine eine existenzielle Bedrohung. Und die Russen können das nicht ignorieren. Und wie weit werden die USA gehen, falls Russland sich weiterhin an die Ukraine klammert?

Es ist kein Zufall, dass General Hodges, der ernannt wurde, um für all dies gerade zu stehen, davon spricht Truppen in Rumänien, Bulgarien, Polen und den baltischen Staaten in Stellung zu bringen, dem
Intermarum, demTerritorium zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee, wie Pilsudski es erträumte. Für die USA ist das die Lösung.

Die Frage, auf die wir keine Antwort haben, ist, wie wird Deutschland sich verhalten. Die unbekannte Variable in Europa sind die Deutschen. Während die USA diesen Sicherheitsgürtel aufbauen, nicht in der Ukraine, sondern westlich davon und die Russen einen Weg suchen, den westlichen Einfluss in der Ukraine zu zurückzudrängen – wissen wir nicht wie die deutsche Haltung ausfallen wird.

Deutschland befindet sich in einer sehr eigenartigen Lage. Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sitzt im Aufsichtsrat von Gazprom. Die Deutschen haben eine sehr komplexe Beziehung zu den Russen. Die Deutschen wissen selbst nicht was sie tun sollen. Sie müssen ihre Waren exportieren, die Russen können ihnen ihre Waren abnehmen. Andererseits, wenn sie die Freihandelszone verlieren, dann müssen sie etwas anderes aufbauen. Die Urangst der USA ist, dass deutsches Kapital und deutsche Technologien sich mit russischen Rohstoffen und russischer Arbeitskraft verbinden – eine einzigartige Kombination, vor der die USA seit Jahrhunderten eine Höllenangst haben.

Wie wird sich das also abspielen? Die USA haben ihre Karten bereits auf den Tisch gelegt: die Linie zwischen dem Baltikum und dem Schwarzen Meer. Die russischen Karten lagen schon immer auf dem Tisch: Das Mindeste was sie brauchen ist eine neutrale Ukraine, keine pro-westliche. Weißrussland ist eine andere Frage.

Wer mir nun sagen kann, was die Deutschen tun werden, der kann mir auch sagen, wie die Geschichte der nächsten zwanzig Jahre aussehen wird. Aber leider haben sich die Deutschen noch nicht entschieden. Und das ist immer das Problem Deutschlands. Wirtschaftlich sehr mächtig, geopolitisch sehr fragil. Und es weiß nie wie es beides versöhnen kann. Seit 1871 ist das die deutsche Frage, die Frage Europas. Denken Sie über die deutsche Frage nach, denn sie kommt jetzt wieder auf uns zu. Ihr
müssen wir uns jetzt stellen und wir wissen nicht wie. Wir wissen nicht was die Deutschen tun werden.

Quelle der deutschen Übersetzung: https://www.nachdenkseiten.de/?p=25405

 

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